Klassisch, hybrid, rein fondsgebunden, Höchststandgarantie oder Indexpolicen? Welche Tarife kann man sich angucken und wovon lässt man lieber die Finger?

Warum sollten wir überhaupt noch über Rentenversicherungen sprechen? Warum sich überhaupt noch Gedanken über Altersversorgung über Versicherungen machen… schließlich schwächeln die Lebensversicherer, Bestände werden ausgelagert, die Renditen sinken, die Altlasten steigen…?

Weil es Menschen gibt, die Altersvorsorge über Rentenversicherungen betreiben oder darüber nachdenken...und für genau Sie ist dieser Artikel.

Ich möchte mit diesem Beitrag einzelne Altersvorsorgeprodukte nicht grundsätzlich gut oder schlecht reden. Es gibt immer wieder Störgeräusche von Politikern die sagen, die eine Sache ist super, die andere nicht, riestern lohne sich nicht und betriebliche Altersversorgung solle gefördert werden. Es ist zwar einfach zu sagen, dies ist gut und dies ist schlecht. Aber es trifft nicht auf jeden zu! Es gibt keine eierlegende Wollmilchsau! Jeder sollte für sich eine Entscheidung treffen, welches Produkt oder welcher Durchführungsweg der Beste sein kann. Vielleicht hilft dabei mein Beitrag aus letztem Jahr.

Vor 15 Jahren gab es zwei Produktarten, die dem Verbraucher angedient wurden: Die klassische oder die fondsgebundene Lebensversicherung. Heute ist durch größeren Wettbewerb, u.a. durch ausländische Anbieter, die Produktpalette gewachsen und interessanter geworden. Des weiteren wurden die Versicherungsbedingungen verbessert. Grundsätzlich als Auslaufmodell kristallisieren sich seit Lehman und der Niedrigzinspolitik klassische Lebens- oder Rentenversicherungen heraus. Im Markt sind verstärkt Angebote mit abgeschwächten Garantien beziehungsweise einem stärkeren Investmentbezug zu beobachten. Der Trend geht klar in Richtung fondsgebundene Altersvorsorgelösungen. Einer der Gründe: Traditionell kalkulierte Produkte mit Garantien erfordern wesentlich mehr Eigenkapital als beispielsweise Fondspolicen. Vom Produktmix wird es in Zukunft also abhängen, wie Gesellschaften unter Solvency II bewertet werden.

Zusätzliche Bilanzierungsmethode durch "Solvency II"

Mit Solvency II, einer sogenannten Solvabilitätsübersicht über Versicherer, ist eine zusätzliche Bilanzierungsmethode eingeführt worden, die im weitesten Sinne eine Marktwertbilanz darstellt. Ab dem kommenden Jahr sind die Versicherer verpflichtet, jährlich den SFCR (Solvency and Financial Condition Report) zu veröffentlichen. Damit soll die Transparenz über die Solvenz- und Finanzlage von Versicherern gestärkt werden. In ihm sind alle Vermögenswerte und Schulden so marktnah wie möglich aufgeführt. Die derzeit niedrigen Zinsen und Zinsschwankungen wirken sich stark auf die Solvabilitätsquote aus. Eine Gesellschaft mit starkem fondsgebundenen Geschäft wird es leichter haben, eine gute Finanzstärke aufzuweisen.

Die folgende Abbildung zeigt den aggregierten Wert der Basiseigenmittel sowie deren Zusammensetzung jeweils zum 01.01. und 31.03.16. So ist die rückläufige Eigenmittelsituation der Lebensversicherungsunternehmen den derzeitigen Kapitalmarktbedingungen geschuldet. Die Basiseigenmittel im ersten Quartal 2016 sind um durchschnittlich 12,7 Prozent gesunken. Laut BaFin sei dies in erster Linie auf den Rückgang der Ausgleichsrücklage (sie ergibt sich aus der Rechnung: Gesamtüberschuss der Vermögenswerte über die Verbindlichkeit abzgl. selbstgehaltener Aktien, vorhersehbarer Dividenden und sonstiger Basiseigenmittelbestandteile) zurückzuführen.

Insgesamt belief sich das Volumen der Kapitalanlagen der Lebensversicherungsunternehmen zum 01.01.2016 auf rund 990 Mrd. Euro.
Der überwiegende Anteil davon entfällt auf Anleihen: So sind 19 Prozent in Staatsanleihen investiert; auf Unternehmensanleihen, Schuldverschreibungen und Pfandbriefe entfallen 30 Prozent. Aktien und Anteile an verbundenen Unternehmen (inkl. Beteiligungen) machen laut BaFin etwa ein Viertel (25%) der Kapitalanlagen aus, wobei der Anteil an Aktien im Direktbestand gering ist (1%). Ein wesentlicher Teil entfällt außerdem auf Darlehen und Hypotheken (9%) sowie auf Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), also Investmentfonds nach der OGAW-Richtlinie (11%).

Auswirkungen auf die Produktpalette der Rentenversicherer – Handlungsoptionen für den Sparer

1. Klassischer Deckungsstock deutscher Art

In diesem Modell garantiert der Versicherer für die gesamte Vertragslaufzeit einen Zins (Rechnungszins oder Garantiezins). Der Rechnungszins wird vom BaFin festgelegt und ist gültig für alle klassischen Tarife, bis über einen neuen Rechnungszins entschieden wird. Das BaFin richtet sich bei der Festlegung seiner Höhe prozentual nach dem Anleihemarkt. Sind die Anleiherenditen hoch, wird der Rechnungszins hoch angesetzt. Ist der Anleihemarkt niedrig, ist der Rechnungszins niedrig. Darüber hinaus wird der Versicherte an einem Teil vom erwirtschafteten Gewinn beteiligt (Überschussbeteiligung). Die Überschussbeteiligung wird jedes Jahr neu deklariert und legt die Gesamtverzinsung für im gleichen Jahr ablaufende Verträge fest. Das klingt relativ einfach, ist aber aufgrund einer Tatsache sehr problematisch. Die Versicherer haben in den neunziger Jahren in einem hohen Anleihezinsumfeld hohe Garantiezinsen versprechen müssen (wie gesagt: Der Garantiezins wird vom BaFin festgelegt!). Das bedeutet, der Versicherer hat damals versprochen, in zum Beispiel 30 Jahren die eingezahlten Beiträge mit garantiert 4 % verzinst zurückzuzahlen. In den letzten 16 Jahren ist der Anleihemarkt aber stark gesunken (damit auch die Garantiezinsen für neu abgeschlossene Verträge).

Der Garantiezins liegt heute bei 1,25 %, ab 2017 wird er auf 0,9 % gesenkt. Eine zehnjährige Staatsanleihe liegt heute bei unter einem Prozent Verzinsung. Die Versicherungsbestände bestehen zu 60 bis 90 % aus Verträgen mit Anlage im klassischen Deckungsstock, für die höhere Garantiezinsen bezahlt werden müssen, als sich am Anleihemarkt verdienen lässt. Auf dem Aktienmarkt dürfen die Versicherer kaum etwas verdienen. Sie sind gezwungen, die Beiträge sicher/volatilitätsarm/renditearm anzulegen. Im Schnitt sind sie derzeit zu nur 1 % in Aktien investiert. Das hat zur Folge, dass mit den Beiträgen der Kunden zu wenig Geld verdient wird und alte Bestände durch neu abgeschlossene Verträge mit niedrigerem Garantiezins quersubventioniert werden müssen. Eine weitere Möglichkeit ist, die Überschussbeteiligung zu senken und/oder Gewinne aus Deckungsbeitrag 1 nicht den Aktionären oder Beteiligten auszuzahlen, sondern dem Eigenkapital zuzuführen. Reicht auch das nicht mehr, werden diese Verträge ausgelagert (Run Off) auf Verwaltungsgesellschaften, sogenannte Run Off Plattformen. Das hat für den Versicherer zum Vorteil, dass die Überschüsse weiter gesenkt werden können, weil die Verträge für das Neugeschäft nicht mehr sexy sein müssen. So geschehen bei mittlerweile zwölf Gesellschaften, darunter jüngst die Ergo mit 6,5 Millionen Verträgen. Es wird fraglich sein, ob der Kunde Rendite über seinen Garantiezins hinaus erwarten darf. Das muss dem Kunden mit 4 % Garantiezins und kurzer Restlaufzeit nicht zwingend wehtun. Wer dagegen einen Vertrag mit 1,25 % Verzinsung abgeschlossen hat, kann sich darüber in 30 Jahren sehr ärgern. Altkunden der Neue-Leben-Pensionskasse sind jetzt schon verärgert. Mit Erlaubnis der BaFin hat die Pensionskasse eine Senkung des Garantiezinses im Bestand beschlossen. Ab 2017 werden Verträge mit einem Rechnungszins von 3,25 % auf 1,25 % gesenkt. Neu eingezahlte Beiträge werden dann nur noch mit dem neuen Rechnungszins verzinst. Bisher hat der Verbraucher durch den Garantiezins noch eine gewisse Sicherheit gehabt. Das ist jetzt vorbei. Die Pensionskasse BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes will die zukünftigen Rentenleistungen der Versicherten um 24 Prozent kürzen. Die Kürzung sei Folge des „bislang nicht gekannten außerordentlich niedrigen Zinsniveaus“, erläutert der BVV den brisanten Tagesordnungspunkt auf seiner Homepage. Des „bislang nicht gekannten“… Dabei haben schon 2003 führende Versicherungsmathematiker vor diesen Szenarien gewarnt.

Was auch immer der Grund der damaligen Bundesregierung war, Versicherer und Pensionskassen so stark zu regulieren und in Ihren Anlagemöglichkeiten einzuschränken, es zeigt sich mal wieder, dass die Peitsche am Ende knallt. Wenn Versicherer, aller Warnungen zum Trotz, an ihren Produkten festhalten, müssen die Berater sich umorientieren und ihren Kunden andere Produkte vermitteln. Aber neben den Versicherern haben auch zu wenige Berater gehandelt, schlimmer noch, die wenigsten haben die Situation überhaupt begriffen. Entschuldigen Sie bitte diesen Seitenkick, aber die dilettantische Beratung vieler meiner Berufskollegen geht mir seit Jahren ab. Es gibt zu wenig gut ausgebildete Berater, viele können sich keine Meinung unabhängig von Versicherer-Werbeveranstaltungen bilden. Der Kunde hat das Nachsehen. Vielleicht ärgert sich der Versicherte mit einem “1,25%er“ auch nicht, weil sich die Märkte in den nächsten Jahren erholen. Das ist mir persönlich ein "vielleicht" zu viel. Dieses Modell agiert zu unflexibel, weil es in seinen Möglichkeiten zu stark eingeengt, zu stark reguliert, ist. 

Was ist zu tun? Wessen Rente noch entfernt ist, sollte darüber nachdenken, seinen klassischen Vertrag beitragsfrei zu stellen und sich in Richtung Rentenversicherung mit reiner Fondsanlage zu orientieren. Hier noch einmal mein Verweis auf meinen Beitrag über die unterschiedlichen Durchführungswege. Es kann auch überlegt werden, seinen Vertrag mit Verweis auf einschlägige Urteile rückabwickeln zu lassen. Aber Vorsicht! Es gibt derzeit viele neugegründete Unternehmen auf dem Markt, die genau damit werben. Nehmen Sie nicht jedes Angebot an. Die Unternehmen wollen häufig an der Wiederanlage des freiwerdenden Geldes verdienen, was grundsätzlich nicht verkehrt ist. Aber diese Unternehmen machen sich die Wut oder Gier der Verbraucher zunutze. Häufig fehlt es an objektiver Beratung und Hinweisen, bei welchen Verträgen eine Rückabwicklung sinnvoll ist. Dann werden Verträge mit kurzer Restlaufzeit und 4% Garantiezins gekündigt, obwohl diese noch behalten werden sollten. Ich bin zwar kein Freund dieser Verträge, aber wenn man sich emotionslos überlegt, welche andere Anlage derzeit auch nur 1% sichere Verzinsung bei kurzer Laufzeit bietet, fehlt es derzeit einfach an Alternativen. Manchmal ist es sinnvoll, solch einen Vertrag zu behalten.

2. Bei hybriden Verträgen ,

greifen Versicherer auf traditionelle Anlagen zurück, kombinieren diese mit Modernem und nennen dies dann „innovativ“. Der Duden erklärt „innovativ“ so: einfallsreich, fantasievoll, ideenreich, originell, schöpferisch. Nun, es gibt keine Beschreibung, die erklärt, dass innovativ gleichzeitig “ sinnvoll“ bedeutet. In der Hybrid-Rentenversicherung partizipiert der Versicherte an Entwicklungen von Fonds. Es wird aber nicht der volle Beitrag in Fondsanlagen investiert. Die Beiträge werden zum größten Teil zuallererst in den klassischen Deckungsstock überführt und dann die Überschüsse in Fondsanlagen investiert. Das Problem hier: Sinken die Überschüsse, ist weniger Überschuss da, welcher in Fonds investiert werden kann. Deklariert der Versicherer keine Überschüsse, gibt es nur wenig bis gar keine Rendite über den Garantiezins hinaus. 

3. Von Höchststandgarantiefonds 

gibt es unterschiedliche Varianten. Die meisten leiden unter dem Problem des Cash-Locks, am Beispiel des DWS FlexPension erklärt, der zwei Schwerpunkte setzt: Hauptziel der Anlagestrategie ist die Absicherung des Höchststand-Garantiewertes, im gesamten Fondsvermögen Kapitalerhaltungskomponente genannt. Daneben wird über die Wertsteigerungskomponente im Fondsvermögen versucht, langfristig eine attraktive Wertentwicklung zu erzielen. 

Welcher Anteil des Beitrages für die Kapitalerhaltungskomponente und für die Wertsteigerungskomponente verwendet wird, hängt immer vom jeweiligen Marktumfeld und von Trends ab. Je sicherer Renditen erzielt werden können, desto weniger muss für den Kapitalerhalt beiseitegelegt werden und desto mehr kann risikoreicher und renditestärker angelegt werden. Sind die Märkte unsicher und die Zinsen niedrig, muss ein höherer Anteil des Beitrages sicher angelegt und kann weniger renditeorientiert investiert werden. Der zur Zeit extrem volatile Markt und niedrige Anleihemarkt zwingt die Fonds nun, das Geld der Kunden gar nicht mehr anzulegen sondern "bar" zu horten, die Fonds befinden sich im sogenannten "Cash-Lock". Die Katze beißt sich selbst in den Schwanz.

4. Rentenversicherungen mit hauptsächlicher Fondsanlage und geringen Garantien

Hier ist die richtige Mischung aus Diversifikation, Korrelation und Allokation gefragt. Achten Sie darauf, dass Sie oder das Versicherungsunternehmen ihr Geld der Marktlage angepasst investieren kann. Dazu muss der Versicherer über eine entsprechend große Fondsauswahl verfügen oder sehr gute gemanagte Portfolios bieten. Die Fondsauswahl sollte dabei möglichst alle bekannten Marktumfelde abdecken. Dann können Sie in jeder Marktlage flexibel agieren und reagieren. Garantien sollten dabei sehr gering bis gar nicht vorhanden sein. Garantieversprechen sind wie der Tritt auf die Bremse eines Panzers. Es geht nicht mehr voran! Angeblich sollen Garantien dem deutschen Anleger sehr wichtig sein, sagen Versicherer. Garantien führen aber dazu, dass der Versicherer weniger Geld in Aktien investieren darf und einen ganz großen Teil festverzinslich MUSS. Was aber passiert, wenn der Renditefluss aus festverzinslichen Anlagen verebbt? Dann haben wir 2016 und Versicherer trennen sich von Ihren Beständen, weil sie alte Garantieversprechen nicht mehr einhalten können und sich davon trennen müssen, wollen sie nicht in die Insolvenz rutschen.

Tarife ohne Garantien werden sich in den nächsten hundert Jahren durchsetzen. Die Kosten sind transparent und die Produkte leicht verständlich, ohne dass man ein Wochenendseminar dafür besuchen muss.

5. Index-Tarife

Einige Versicherer haben Tarife auf den Markt gebracht, die ihre Anleger an einer Indexentwicklung partizipieren lassen. Am Anfang eines 12-Monats-Zeitraumes wird ein Cap festgelegt. Der Cap gibt an, bis zu welcher maximalen Höhe Sie an den monatlichen Gewinnen des Index partizipieren können. Eine negative Wertentwicklung wird nicht gekappt. Am Ende eines Jahres werden die monatlichen negativen Wertentwicklungen und die durch den Cap gedeckelten Wertentwicklungen aufsummiert. Eine so entstandene Jahresrendite erhöht den Policenwert. Negative jährliche Summen werden auf Null gesetzt.

Was ein sehr sicheres Produkt ist, bedeutet nebenbei eine Renditekappung. Warum? Dem Kunden wird erst am Ende des Jahres die Wertentwicklung zugeteilt. Er profitiert 12 Monate nicht vom Cost Average Effect!

Gleichzeitig wird mit einer Vergangenheitsbetrachtung der Blick in die Glaskugel versucht. Da das nicht funktioniert, wird der Versicherer den Cap mit hohen Risikoabschlägen berechnen müssen. Die Renditen werden, verglichen mit reinen Fondspolicen, sehr niedrig sein. Die Schaubilder, die Versicherer nutzen, um das Produkt zu erklären, beziehen sich auf Zeiträume in der Vergangenheit. Diese Zeiträume sind bewusst gewählt, um möglichst eine hohe Indexpartizipation zu suggerieren. Die Praxis sieht dabei in volatilen Märkten wenig spannend aus. Die Renditen liegen selten bei über 4 % pro Jahr (bei Zeiträumen in den letzten 14 Jahren). Für kurze Laufzeiten erscheint eine Indexpolice sinnvoll, wenn man sich von Schwankungen weitgehen unabhängig machen möchte bzw. das Risiko eines Wertverlustes reduziert sehen möchte. Für langfristige Laufzeiten ist das Produkt wenig sexy.

Ich hoffe, Ihnen damit ein wenig helfen zu können!

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